Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 5. Juni 2013 unsere Rechtsauffassung zum Lärmschutz bestätigt und die Revision unseres Mandanten war erfolgreich.

Entscheidung des BGH (Urteil vom 05.06.2013 AZ VIII ZR 287/12) als PDF

Der BGH hatte die Frage zu beantworten, inwiefern Arbeiten des Vermieters in der über der Wohnung des Mieters gelegenen Wohnung eine Modernisierungspflicht begründen, und ob eine nur geringfügige Verfehlung einer Schallschutznorm einen erheblichen Mangel darstellt, der zur Minderung der Miete berechtigt.

Das vom Mieter bewohnte Anwesen wurde nach dem Krieg im Jahre 1952 wieder aufgebaut. Im Jahr 2003 ließ der Vermieter in der über der Wohnung des Klägers gelegenen, bereits seit mehreren Jahrzehnten als Wohnung genutzten Dachgeschosswohnung Bauarbeiten durchführen. Der Mieter vertrat die Auffassung, dass neben diverser andere gerügter Mängel die Schallisolierung zu der über ihm gelegenen Wohnung mangelhaft sei. Durch die Arbeiten in der über ihm gelegenen Wohnung sei der Vermieter verpflichtet gewesen, einen Schallschutz herzustellen, der den zum Zeitpunkt der Bauarbeiten im Jahr 2003 geltenden DIN-Normen entspricht.

In einem vom erstinstanzlichen Gericht eingeholten Sachverständigengutachten führte der Sachverständige aus, dass sich der zum Zeitpunkt der Errichtung bzw. des Wiederaufbaus des Gebäudes maßgebliche Schallschutz aus den Anforderungen an die DIN 4109 “Richtlinien für den Schallschutz im Hochbau”, Ausgabe 1944 ergibt. Die Anforderungen an den Schallschutz im Jahr des Umbaus (2003) ergeben sich aus der DIN 4109 “Schallschutz im Hochbau, Anforderungen und Nachweise”, Ausgabe November 1989. Eine Messung ergab, dass die Grenzwerte für Luft- und Trittschallschutz der DIN 4109, Ausgabe 1989, für den Zeitpunkt des Umbaus im Jahr 2003 verfehlt wurden. Die beim Wideraufbau des Gebäudes geltenden Grenzwerte der DIN 4109, Ausgabe 1944, wurden lediglich hinsichtlich des Luftschallschutzes um 1 dB verfehlt.

Sowohl das Amtsgerihcht Mannheim,  als auch das Landgericht Mannheim gaben dem Begehren des Klägers in voller Höhe statt und bejahten einen mangelhaften Schallschutz.

Das Amtsgericht ließ die Frage, welche der beiden DIN nun einschlägig ist, zunächst offen und begründete die Mangelhaftigkeit damit, dass jedenfalls auch die DIN aus dem Jahre 1944 hinsichtlich des Luftschallschutzes verfehlt sei, sodass ein Mangel vorliege. In der von uns verfassten Berufungsschrift vertraten wir weiterhin die Ansicht, dass die vom Vermieter durchgeführten Arbeiten nicht zu einer Modernisierungspflicht führten und damit die DIN aus dem Jahr 1989 nicht herangezogen werden kann, unter Hinweis auf die Entscheidungen des BGH NJW 2009, 2441 sowie BGH NJW 2005, 218-219. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit der DIN aus dem Jahre 1944 vertraten wir die Auffassung, dass eine Verfehlung des Schallschutzes um nun 1 dB jedenfalls keinen erheblichen Mangel darstellt, gestützt auf eine Entscheidung des Landgerichts Berlin (WuM 2007, 384-385). Das Landgericht Berlin führte in der zitierten Entscheidung aus, dass eine Abweichung von 1 dB für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar sei.

Das Landgericht teilte diese Auffassung nicht, und gelangte nach einer weitern Beweisaufnahme sogar zu der Auffassung, der Schallschutz müsse den Anforderungen der DIN aus dem Jahre 1989 entsprechen. Durch die im Jahre 2003 ausgeführten Arbeiten sei der Vermieter verpflichtet gewesen, einen Schallschutz herzustellen, der den zur Zeit der Umbaumaßnahmen maßgeblichen technischen Normen entspricht. Die vom Vermieter vorgenommenen Eingriffe, insbesondere der teilweise Austausch des Estrichbodens, habe über der Schwelle bloßer Instandhaltungsarbeiten gelegen. Arbeiten, bei denen neben dem Estrich auch dem weiter darunter liegenden Bodenaufbau einer Veränderung zugeführt werden, würden grundlegende Umbauarbeiten darstellen, die es nach Auffassung der Kammer rechtfertigen, den zum Zeitpunkt dieser Baumaßnahmen geltende Mindesttritt- und Luftschallschutz zu Grunde zu legen.

Gegen das Urteil des Landgerichts legte der Vermieter Revision ein. Der BGH gab der von uns vertretenen Auffassung nun in seinem Urteil vom 05.06.2013, Az VIII ZR 287/12 recht, und verneinte einen Mangel im Zusammenhang mit dem bestehenden Schallschutz.

Zur Frage, welche DIN zur Beurteilung des geschuldeten Schallschutzes einschlägig ist, führte der BGH zunächst aus, dass das Berufungsgericht zwar die bisher vom BGH aufgestellten Maßstäbe zur Frage, ab wann der Vermieter zur Erfüllung der neueren DIN verpflichtet ist zugrunde gelegt habe. Bei deren Anwendung auf den Streitfall habe es jedoch die Schwelle, ab der der Mieter erwarte kann, dass Lärmschutzmaßnahmen getroffen werden, die den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen genügen, zu niedrig angesetzt und sei deshalb zu Unrecht zu einer Anwendung der im Jahre 2003 geltenden DIN-Normen gelangt. Die vom Vermieter vorgenommenen Arbeiten rechtfertigen die Anwendung der DIN aus dem Jahre 1989 nicht. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass etwa auch erforderliche Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen seitens des Vermieters unterbleiben könnten, um die Kosten einer Anpassung der Mietsache an die zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen zu vermeiden.

Darüber hinaus führte der BGH aus, dass auch im Hinblick auf den nach der DIN aus dem Jahre 1944 geschuldeten Schallschutz kein erheblicher Mangel vorliege. Die Unterschreitung der DIN betreffe nur einen Teil des Schallschutzes. Während die Anforderungen an den Luftschallschutz verfehlt sind, sind die Anforderungen an den Trittschallschutz erfüllt. Die Anforderungen an den Luftschallschutz seien nur geringfügig unterschritten worden. Nach der in der Rechtsprechung einhellig vertretenen Auffassung kommt einer Überschreitung des Schallschutzgrenzwertes um ein Dezibel im Regelfall schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil nach allgemeinen Erkenntnissen der Akustik eine Änderung des Schallpegels in dieser Größenordnung für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar sei.

Die Entscheidung wird auch vom Deutschen Mieterbund als nachvollziehbar bewertet.